Archipel – Forum für Kunst und Kultur
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Die anderen Orte

Wir haben in der Bezeichnung dieser Kulturformation einen Bogen durch Europas Geschichte gezogen. „ Archipel: Forum für Kunst und Kultur“ beginnt mit einem Querverweis auf die Antike. Das Forum, bei den Griechen sinngemäß die Agora, war ein zentraler Ort des sozialen und kulturellen Lebens, aber auch Marktplatz.

In der mittelalterlichen Stadt lag meist zentral der Marktplatz mit Dom und Rathaus. Die Zivilisation war mit einer Mauer gegen die Wildnis abgeschirmt. Bis heute ein prägendes Denkmuster. Was „das Europäische“ sei, stand und steht in einem erheblichen Kontrast zu dem, was Philosoph Edouard Glissant als archipelisch beschrieb. Allerdings ist uns heute keineswegs mehr fremd, wovon er sprach.

Zum Beispiel: „Die Beziehung zu unserer Umgebung führte ins Nichts, wenn wir nicht ihre Vielfältigkeit ausdrücken. Die Welt leben heißt: zuallererst deinen Ort prüfen, seine Schwächen, seine Energien, seine Eingebungen, seine Kraft zur Veränderung oder zum Bleiben. Das Politische. Den Ort leben bedeutet das Gleiche wie die Welt sagen.“

Ich habe mein Denken in Prozessen gelernt, die von Platon über die Renaissance zur Aufklärung führten. Durch und durch europäisch. Was etwa in der Renaissance alles aus arabischen Kulturen wirksam geworden war, erfuhr ich erst später.

Mit der Zeit kamen für mich Bücher aus überseeischen Regionen dazu. Ich nenne stellvertretend: Paulo Freire für Südamerika, Doris Lessing höchst international, Toni Morrison für die USA und Ken Saro-Wiwa für Afrika.

Selbstverständlich sehe ich mich nach wie vor in der Tradition europäischen Denkens, das mich geprägt hat. Aber freie individuelle Mobilität und gesamt die Medienwelt haben uns allen nach dem Zweiten Weltkrieg die Horizonte der Denkweisen und des erwerbbaren Wissens enorm aufgemacht.

In solchen Zusammenhängen ist Glissant für mich ein Geschenk als das Beispiel eines außereuropäischen Denkens, das harte alte Klippen des Eurozentrismus meidet. Dieser leistungsfähige Verstand mit der großen poetischen Potenz bietet weitere Anregungen dazu, über das antiquierte Denkmodell „Zentrum/Provinz“ hinauszukommen.

Die Begriffe Archipel und Forum drücken solche Bemühungen aus. Noch einmal Glissant: „Aber an allen bekannten Orten sammeln sich für uns die anderen Orte, ohne dass uns dies ins Bewusstsein dringt.“

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